Für die Herbstferien 2009 hatten wir bereits im Mai einen Flug nach Edinburgh gebucht. Was macht man im Herbst in Schottland ? Eine Rundreise durch Schottland? Oder eine feste Wohnung in Edinburgh suchen, die Stadt erkunden und Tagesausflüge in die nähere Umgebung unternehmen ?
Edinburgh und Umgebung (Quelle: Open Street Map; Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Lizenz)
Blick auf Edinburgh mit Dugald Stewart Monument
Aufgrund des in Schottland vorherrschenden unbeständigen Wetters und eines gewissen zu erzielenden Erholungseffektes, haben wir uns für eine Wohnung in Edinburgh entschieden und vor Ort zu überlegen begonnen, was wir gern sehen möchten.
Vorteile: Selbst kochen (kein Haggis essen müssen), auch mal abhängen und fernsehen, Kids können sich mal zurückziehen und bei schlechtem Wetter kann man vielleicht auch mal zu Hause bleiben. Außerdem ist eine Wohnung insgesamt deutlich günstiger für uns vier Personen, als täglich in einem anderen Hotel zu wohnen.
Nachteil: Man hat einen sehr beschränkten Radius. Gern wollten wir nach Inverness. Dort hatten wir vor ca. 15 Jahren ein Musikinstrumente-Museum besichtigt. Gern wollten wir auch in die richtigen Highlands. Edinburgh liegt ja in den Lowlands.
Die Wohnung war ein Super-Treffer: 3 Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer, 2 Bäderund ne Garage. Alles drin, sehr sauber und super gut ausgestattet. Dazu zentral, jedoch ruhig gelegen. Jeden Tag haben wir bei sonnigen und mildem Spätsommer-Wetter etwas unternommen. Nur am letzten Tag hatten wir Schottland-Wetter: frischer Nieselregen.
Der Hauseingang mit Garage
Abwechselnd verbrachten wir Tage in der Stadt Edinburgh und machten Ausflüge in
die nähere Umgebung. Praktisch war, dass man ein Besichtigungsticket für mehrere Tage (3 von 7 Tagen, 7 von 15 Tagen) kaufen kann. Das gilt für sehr viele historische Gemäuer und Museen und ist recht günstig. „Private“ Sehenswürdigkeiten mussten extra bezahlt werden.
Linksverkehr ist gewöhnungsbedürftig und da auch der Mietwagen „andersherum“ funktionierte auch etwas komisch für die Beifahrerin. Glücklicherweise fahren die Schotten nicht ganz so rasant wir Italiener oder Spanier, sodass man eine echte Chance hatte auch mal eben schnell die Spur zu wechseln ohne mit einem Hupkonzert bedacht zu werden. Auch als Fußgänger musste man sich an den Straßen-Übergängen umgewöhnen, um zu überleben.
Blick aus dem Wohnzimmerfenster
Zudem kam erschwerend hinzu, dass die gesamte City von Edinburgh eine Baustelle war. Heute hier Einbahnstraße, morgen dort. Es war immer etwas Glück dabei, die Wohnung zu erreichen. Verkehrlich erholsam waren die Tage in der Stadt, die wir mit bummeln, besichtigen und genießen, verbrachten.
Edinburgh Castle
Edinburgh Castle
Auf einem Basaltkegel gelegen und mitten in der Stadt. Besiedlung bereits seit ca. 900 vor Chr. nachgewiesen. Ab ca. 200 n. Chr. wurde der Berg dauerhaft besiedelt. Im frühen Mittelalter war der „Rock“ wahrscheinlich als Burg ausgebaut. Zweifelsfrei ab dem 14. Jhd. gibt es dort eine Burg. Dies zeigt die vorzufindende Bausubstanz.
Edinburgh wurde vielfach belagert, zerstört und wieder aufgebaut. Hier tobten langjährige Kriege von 1296 – 1357, während der Schottischen
Unabhängigkeitskriege. Erwähnenswert ist der Stone of Scone (Sitz, auf dem die schottischen – später auch die englischen Könige – gekrönt wurden – er wurde von den „englischen Siegern“ entführt und erst durch Elisabeth II zurückgegeben.) Im Castle lagern auch die schottischen Kronjuwelen. Mit diesen Insignien wurde 1543 Mary Stuart zur Königin gekrönt.
Palace of Holyrood House
Bummelt man die Royal Mile entlang / herunter, so gelangt man zum Schloss, dem Palace of Holyrood House. Nett gelegenes Schloss und Residenz der englischen Königin, wenn sie in Schottland weilt. 1128 wurde an dem Ort eine Abtei gegründet. 1528 – 1532 entstand ein erster Wohnturm, hier wohnte Maria Stuart.
Dramatische Ereignisse führten schließlich zu ihrer Verhaftung. Ihr italienischer Sekretär – oder Geliebter – wurde dort von ihrem Gatten am 9.3.1566 ermordet.
Insgesamt hatte Maria Pech. Sie genoss eine hervorragende Erziehung in Frankreich, heiratete mehrfach und floh schließlich in die Arme ihrer Großcousine, Elisabeth I, die sie schließlich köpfen ließ.
Abtei von Holyrood Palace
Royal Botanic Garden Edinburgh
Bambus im BotanischerGarten
Sehenswert ist – auch im Nieselregen – der bereits im Jahr 1670 gegründete Royal Botanic Garden Edinburgh. Liebevolle Gartenarchitektur mit brittisch oder besser schottischem Charme erwartet einen. Hier im Park haben wir goldige Eichhörnchen gesehen, die nach Futter gebettelt haben. Die schottischen Eichhörnchen sind etwas größer und creme/schwarz gefärbt.
Elephant House
Edinburgh ist auch die „Geburtsstadt“ von Harry Potter. Im Café „The Elephant House“ kann man nett Kaffee trinken und dabei an Harry Potter denken. Dabei hat man einen schönen Blick auf Edinburgh Castle. Angeblich hat Joanne K. Rowling teilweise hier ihren ersten Harry Potter Band geschrieben. Ob das wirklich stimmt, sei dahin gestellt. Zumindest sind schon von außen im Fenster entsprechende Hinweise zu lesen.
Blick aus dem Café The Elephant House
Parlamentsgebäude
Fassade des schottischen Parlaments
Das Parlamentsgebäude im Stadtteil Holyrood, direkt gegenüber von Holyrood Palace, ist eine echte Augenweide für Architekturfreunde. Enric Miralles, ein katalanischer Architekt, hat es entworfen. Das Dach hat die Form eines umgedrehten Schiffes. Im Jahr 2005 gewann der Bau den Stirling
Prize des Royal Institute of British Architects. Seit dem Jahr 2004 tagt das schottische Parlament in dem Gebäude.
Übrigens bildete sich das schottische Parlament nach fast 300-jähriger Pause (es wurde 1707 mit dem englischen Parlament zusammengelegt) erstmals im Jahre 1999.
Bevor man eingelassen wird, muss man eine Personenkontrolle über sich ergehen lassen.
Dach des schottischen Parlaments
Calton Hill
National Monument
Einen schönen Rundblick hat man vom „Calton Hill“ aus. Es gibt hier u.a. ein im neoklassizistischem Stil errichtete National Monument, der Akropolis nachempfunden, und die Sternwarte.
Die Stadt
Insgesamt ist Edinburgh eine nette Stadt, mit vielem alten Gemäuer, triefend historisch, dennoch auch viele junge Leute, moderne Geschäfte, da Uni-Stadt. Auffallend waren die wenigen, jedoch überwiegend behelmten Radfahrer. Interessant auch die Architektur. Jeder hat seinen eigenen Schornstein, die Eingangstüren sind meist sehr liebevoll gestaltet und auch das Untergeschoss wird zum Wohnen und Arbeiten rege genutzt.
Ausgegangen sind wir abends nicht. Es war nicht mal möglich mit den Kindern in einen Pub zu gehen (erst ab 18 Jahren erlaubt), sodass wir sogar im Hardrock-Café nur das Restaurant besuchen konnten.
Ausflüge
Rosslyn Chapel
Die Rosslyn-Kapelle (Rosslyn Chapel), ist eine Kirche aus dem 15. Jhd. in dem Dorf Roslin südlich von Edinburgh. Noch heute ist die Kirche in Privatbesitz der Familie Sinclair. William Sinclair hat die Kirche entworfen. Um 1450 wurde der Bau begonnen. Zurzeit wird die Kapelle restauriert. Zunächst hat man eine übergestülpte Dachkonstruktion gefertigt, die dazu führt, dass die Kapelle abtrocknen kann. Gleichzeitig werden diverse Bauteile restauriert.
Der Verwitterter Sandstein von Rosslyn Chapel
Eigentlich unbedeutend, wenn nicht die Kapelle mit den Freimaurern und den Sagen umwogenen Tempelrittern in Verbindung gebracht würde. Seit der Verfilmung des Buchs „Sakrileg“ von Dan Brown ist die Kirche berühmt. Die Besucherzahlen haben sich seit dem in etwa verzehnfacht. Eine Filmszene wurde in den Kellergewölben der Kapelle gedreht. Hierfür wurde allerdings die Kapelle etwas „filmgerechter“ gestaltet. Z.B. wurde ein Ornament auf dem Boden angebracht, welches dort heute nicht zu finden ist.
Übrigens: Die heutigen Eigentümer untersagen, dass Wissenschaftler eine bisher ungeöffnete Kammer untersuchen. Soll die Legende um den „heiligen Gral“ aufrecht erhalten werden ?
Dirleton Castle
In dem kleinen Ort Dirleton in der Nähe des Badeortes North Berwick befindet sich die Ruine Dirleton Castle, die von sehr schönen Parkanlagen umgeben ist. Im 13. Jahrhundert begonnen, hat, wie so viele andere Burgen Schottlands, auch Dirleton Castle eine wechselvolle Geschichte mit Zerstörungen und Aufbauphasen hinter sich: Zweimal in den schottischen Unabhängigkeitskriiegen von den Engländern eingenommen, im 14. Jahrhundert repariert, zerstört um 1650 … . Eigentlich typisch für viele schottische Burgen und Klöster. Nicht umsonst gibt es so viele Ruinen in Schottland.
Heute wird Dirleton Castle von Historic Scotland in Stand gehalten, einer Einrichtung der Schottischen Regierung, die für viele historische Bauten in Schottland zuständig ist.
Dirleton Castle
Tantallon Castle
Tantallon Castle
Tantallon Castle ist eine super schöne Burgruine. Sie liegt auf einem hohen Kliff östlich von North Berwick, an der Mündung des Firth of Forth. Die Burg wurde im 14.Jhd. erbaut. Im 15. Jh. wurde sie mal von Jakob IV, im 16. Jh.
von Jakob dem V belagert, was der Burg nur wenig ausmachte. Erst im Englischen Bürgerkrieg um 1650 wurde sie durch die Truppen Oliver Cromwells stark zerstört.
Der am Gestein nagende Zahn der Zeit hat ebenfalls deutliche Spuren hinterlassen. Gerade diese Tatsache machen auch den Reiz dieser alten Burgruine aus. Auch um Tantallon Castle kümmert sich Historic Scotland.
Treppe im Tantallon Castle
Von Tantallon Castle hat man auch einen sehr schönen Blick auf die Bass Rock, eine kleine felsige Insel mit einer größeren Vogelkolonie.
Blick von Tantallon Castle auf das Meer
Loch Leven
Der Loch Leven ist ein kleiner Binnensee in den Lowlands bei Kinross, ca. eine Autostunde nördlich von Edinburgh.
Mittig im See liegt eine kleine Insel mit Burgruine. Hier wurde Maria Stuart gefangen gehalten. Sie sollte abdanken, damit ihr Sohn James VI (einjährig) den Thron besteigen konnte. Sie wurde jedoch von einem jungen Gefängniswärter, der sich in sie verliebt hatte, befreit und konnte fliehen.
Loch Leven Castle
Für uns war die Anreise mit einem kleinen Boot recht spannend. Das Boot ist schon in die Jahre gekommen und der Schiffsdiesel musste vom Kapitän auf „hoher See“ repariert werden. Die Insel selbst wurde liebevoll von zwei Gärtnern gekümmert. Feinster englischer Rasen – auf dem gesamten Inselchen.
Das Fährboot auf Loch Leven
Ein Pfau in Dumfermline
Dunfermline ist eine kleinere Stadt nördlich der Firth of Forth Bücke. Hier kann man eine (romanische) Abtei besichtigen, in der Robert the Bruce begraben liegt. Robert war der Anführer der Schotten während der Unabhängigkeitskriege gegen England. Damit war er einer der wichtigsten Schottischen Könige. In der gesamten Stadt laufen Fasane frei herum, die ein Wahrzeichen der Stadt sind. Diese Vögel genießen vollständigen Schutz und werden von den Bewohnern gekümmert.
Blick von Stirling Castle
Stirling, die ehemalige Hauptstadt Schottlands, ca. 1 Stunde von Edinburgh entfernt, liegt zwischen den flachen Lowlands und den schottischen Highlands. Hier beherrscht die große Burg „Stirling Castle“, das mittelalterliche Stadtbild. Hier wurden schottische Könige gekrönt. So auch Maria Stuarts Sohn Jakob VI. Er übernahm als Jakob I später auch den englischen Thron. Daneben haben wir noch Dirliton Castle besucht. Ein wunderschöner gestalteter Garten und eine Burgruine. In den Kriegen zwischen England und Schottland wurde die Burg häufig angegriffen und wechselte häufig die Besitzer.
Mit der Zeit hat man die Geschichte Schottlands fragmentisch verstanden: Intrigen, Kriege und ein bisschen Mystik. Maria Stuart (Mary Scott) und die Anderen werden doch noch sehr verehrt. Zudem gibt es eine aktive Bewegung zur Unabhängigkeit Schottlands.
Firth of Forth Brücke
Die Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth
Nördlich von Edinburgh verläuft der Fjorf Firth of Forth. Ein immer noch beeindruckendes Bauwerk ist die Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth bei Queensferry, die zwischen 1882 und 1890 erbaut wurde. Konstruiert wurde sie von Sir Benjamin Baker und Sir John Fowler, erbaut von Sir William Arrol \& Co. Auch heute ist sie noch als Eisenbahnbrücke in Betrieb.
Fazit
Es war eine schöne Urlaubswoche mit vielen Sehenswürdigkeiten bei überwiegend schönem Wetter. Ein bischen haben den schottischen Nebel vermisst, aber bestimmt zeigt Dieser sich beim nächsten Mal.
ps: Die Klos waren überall super sauber. Und auch sonst war Alles recht hygienisch. Vielleicht, weil dort gerade die Schweinegrippe grassierte. Aber ehrlich, das einzige „na ja“-Klo habe ich auf dem Flughafen Bremen bei der Ankunft vorgefunden.
Wer noch gerne weitere Fotos sehen möchte, möge sich diese unter Schottland ansehen.
Text und Fotos: (c) 2010 Betina und Michael Loddenkemper, Münster